Das Staatsangehörigkeitsrecht regelt, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, wie sie erworben und unter welchen Umständen sie verloren werden kann. Es bildet die rechtliche Grundlage für die Zugehörigkeit zum deutschen Staat und bestimmt, wer volle Bürgerrechte genießt. Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2024 wurden bedeutende Änderungen eingeführt, die besonders die Mehrstaatigkeit und verkürzte Einbürgerungsfristen betreffen.
Rechtliche Grundlagen des Staatsangehörigkeitsrechts
Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht basiert auf dem Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG), dessen Wurzeln bis ins Jahr 1913 zurückreichen. Damals wurde mit dem „Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz“ (RuStAG) der Erwerb der Staatsangehörigkeit primär durch Abstammung geregelt. Im Laufe der Jahrzehnte erfuhr das Gesetz zahlreiche Änderungen, die den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen Rechnung trugen.
Das Staatsangehörigkeitsgesetz bildet die rechtliche Grundlage für den Erwerb und Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit
Im Grundgesetz ist in Artikel 16 Absatz 1 festgelegt, dass die deutsche Staatsangehörigkeit nicht entzogen werden darf. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.
Eine bedeutende Reform erfolgte 1999, als das Geburtsortprinzip (Ius soli) neben das Abstammungsprinzip (Ius sanguinis) trat. Kinder ausländischer Eltern erhielten unter bestimmten Voraussetzungen mit der Geburt in Deutschland automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit.
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Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit
Die deutsche Staatsangehörigkeit kann auf verschiedene Weise erworben werden. Die wichtigsten Wege sind der Erwerb durch Geburt, durch Einbürgerung und durch besondere gesetzliche Regelungen.
Erwerb durch Geburt
Kinder erwerben die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch, wenn mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (Abstammungsprinzip). Seit der Reform von 1999 erhalten auch in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit mindestens acht Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt.

Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt erfolgt nach dem Abstammungs- oder Geburtsortprinzip
Erwerb durch Einbürgerung
Die Einbürgerung ist der häufigste Weg für Ausländerinnen und Ausländer, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben. Hierfür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Rechtmäßiger und gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland (seit der Reform 2024: fünf Jahre, vorher acht Jahre)
- Sicherung des Lebensunterhalts ohne Sozialleistungen
- Ausreichende Deutschkenntnisse (in der Regel B1-Niveau)
- Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung (Einbürgerungstest)
- Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung
- Straffreiheit
Bei „besonderen Integrationsleistungen“ wie hervorragenden Sprachkenntnissen (C1-Niveau), besonderem beruflichem Erfolg oder ehrenamtlichem Engagement kann die Einbürgerungsfrist auf drei Jahre verkürzt werden.
Besondere Einbürgerungsregelungen
Für bestimmte Personengruppen gelten Sonderregelungen bei der Einbürgerung:

Für die Gastarbeitergeneration gelten besondere Erleichterungen bei der Einbürgerung
Besonders hervorzuheben sind die Erleichterungen für die sogenannte Gastarbeitergeneration. Personen, die bis zum 30. Juni 1974 in die Bundesrepublik oder bis zum 2. Oktober 1990 in die DDR gekommen sind, profitieren von vereinfachten Anforderungen. Sie müssen keinen schriftlichen Einbürgerungstest ablegen, und für den Nachweis der Sprachkenntnisse reicht die mündliche Verständigung auf Deutsch aus.
Erleichterungen für die Gastarbeitergeneration
Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts würdigt die Lebensleistung der Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter, die maßgeblich zum wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands beigetragen haben, durch besondere Einbürgerungserleichterungen.
- Kein schriftlicher Sprachtest erforderlich
- Kein Einbürgerungstest notwendig
- Erleichterte Anforderungen beim Nachweis des Lebensunterhalts
Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit
Die deutsche Staatsangehörigkeit kann unter bestimmten Umständen verloren gehen. Das Grundgesetz schützt jedoch vor willkürlichem Entzug und stellt sicher, dass niemand staatenlos wird.

Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ist gesetzlich streng geregelt
Gründe für den Verlust der Staatsangehörigkeit
Die deutsche Staatsangehörigkeit kann aus folgenden Gründen verloren gehen:
- Freiwilliger Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit (mit Ausnahmen seit der Reform 2024)
- Verzicht auf die deutsche Staatsangehörigkeit
- Adoption durch ausländische Staatsangehörige (unter bestimmten Voraussetzungen)
- Eintritt in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates
- Bei Terroristen mit doppelter Staatsangehörigkeit: Beteiligung an Kampfhandlungen einer Terrororganisation im Ausland
Seit 2019 ist im Staatsangehörigkeitsrecht geregelt, dass deutsche Staatsangehörige, die sich an Kampfhandlungen einer Terrororganisation im Ausland beteiligen, die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren können – allerdings nur, wenn sie eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen und dadurch nicht staatenlos werden.
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Die rechtlichen Regelungen zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit sind komplex. Unsere Experten helfen Ihnen, Ihre individuelle Situation zu verstehen.
Aktuelle Reformen des Staatsangehörigkeitsrechts
Am 27. Juni 2024 trat das „Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts“ (StARModG) in Kraft. Diese Reform brachte wesentliche Änderungen mit sich, die das Einbürgerungsverfahren erleichtern und beschleunigen sollen.

Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts 2024 erleichtert vielen Menschen den Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft
Die wichtigsten Neuerungen im Überblick
Mehrstaatigkeit als Regelfall
Die Reform ermöglicht grundsätzlich die Mehrstaatigkeit. Einbürgerungswillige müssen ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht mehr aufgeben. Umgekehrt verlieren Deutsche, die eine ausländische Staatsangehörigkeit annehmen, nicht mehr automatisch ihren deutschen Pass.
Verkürzte Einbürgerungsfristen
Die reguläre Frist für eine Einbürgerung wurde von acht auf fünf Jahre verkürzt. Bei „besonders guter Integration“ ist eine Einbürgerung bereits nach drei Jahren möglich.
Erleichterungen für Kinder
Kinder ausländischer Eltern erhalten die deutsche Staatsangehörigkeit bei Geburt in Deutschland, wenn ein Elternteil seit fünf Jahren (statt bisher acht Jahren) rechtmäßig in Deutschland lebt und einen unbefristeten Aufenthaltstitel besitzt.
Wegfall der Optionspflicht
Die Optionspflicht, nach der sich junge Erwachsene mit doppelter Staatsangehörigkeit bis zum 21. Lebensjahr für eine Staatsangehörigkeit entscheiden mussten, wurde abgeschafft. Die Mehrstaatigkeit ist nun dauerhaft möglich.

Die Mehrstaatigkeit ist mit der Reform 2024 zum Regelfall geworden
Bekenntnis zu demokratischen Werten
Die Reform betont die Bedeutung des Bekenntnisses zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Antisemitische, rassistische oder anderweitig menschenverachtende Handlungen stehen einer Einbürgerung entgegen. Neu ist auch das geforderte Bekenntnis „zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihren Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens“.
Einbürgerungen in Zahlen
Die Zahl der Einbürgerungen in Deutschland ist in den letzten Jahren gestiegen. Im Jahr 2022 wurden 168.545 Personen eingebürgert, 2023 stieg die Zahl auf 200.095. Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts wird ein weiterer Anstieg erwartet.

Die Zahl der Einbürgerungen in Deutschland ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen
Derzeit leben etwa 12 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft in Deutschland. Von diesen halten sich rund 5,3 Millionen seit mindestens zehn Jahren in der Bundesrepublik auf. Viele von ihnen könnten von den neuen Regelungen profitieren und die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen.
Möchten Sie die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen?
Wir unterstützen Sie bei der Vorbereitung Ihres Einbürgerungsantrags und begleiten Sie durch den gesamten Prozess.
Kritik und Diskussion
Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts wird kontrovers diskutiert. Befürworter sehen darin eine notwendige Anpassung an die Realität eines Einwanderungslandes und eine Anerkennung der Integrationsleistungen vieler Migrantinnen und Migranten.

Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts wird in Politik und Gesellschaft kontrovers diskutiert
Kritiker hingegen äußern Bedenken, dass die verkürzte Einbürgerungsfrist zu früh komme und die Integration noch nicht abgeschlossen sei. Auch die grundsätzliche Ermöglichung der Mehrstaatigkeit wird teilweise kritisch gesehen, da sie zu Loyalitätskonflikten führen könne.
Experten weisen darauf hin, dass die praktische Umsetzung der Reform eine Herausforderung darstellt. Die erwartbar hohe Zahl an Anträgen könnte zu Verzögerungen bei der Bearbeitung führen, wenn die Behörden nicht entsprechend ausgestattet werden.
Praktische Hinweise zur Einbürgerung
Wenn Sie die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen möchten, sollten Sie folgende Schritte beachten:

Die Vorbereitung eines Einbürgerungsantrags erfordert verschiedene Dokumente und sorgfältige Planung
- Prüfen Sie, ob Sie die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen (Aufenthaltsdauer, Sprachkenntnisse, Lebensunterhalt).
- Sammeln Sie alle notwendigen Dokumente (Reisepass, Aufenthaltstitel, Geburtsurkunde, Einkommensnachweise, Sprachzertifikate etc.).
- Bereiten Sie sich auf den Einbürgerungstest vor, der Kenntnisse über die deutsche Rechts- und Gesellschaftsordnung prüft.
- Stellen Sie den Antrag bei der zuständigen Einbürgerungsbehörde Ihres Wohnorts.
- Rechnen Sie mit einer Bearbeitungszeit von mehreren Monaten bis zu Ihrer Einbürgerung.
Die Kosten für eine Einbürgerung betragen in der Regel 255 Euro für Erwachsene und 51 Euro für minderjährige Kinder, die zusammen mit einem Elternteil eingebürgert werden. Hinzu kommen gegebenenfalls Kosten für Übersetzungen, beglaubigte Kopien und andere Dokumente.
Einbürgerungstest
Der Einbürgerungstest umfasst 33 Fragen zu den Bereichen „Leben in der Demokratie“, „Geschichte und Verantwortung“ sowie „Mensch und Gesellschaft“. Um zu bestehen, müssen mindestens 17 Fragen richtig beantwortet werden.
Seit der Reform 2024 enthält der Test auch Fragen zur historischen Verantwortung Deutschlands für den Nationalsozialismus und zum Schutz jüdischen Lebens.
Fazit: Staatsangehörigkeitsrecht im Wandel
Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht hat sich im Laufe der Zeit erheblich weiterentwickelt – von einem primär auf Abstammung basierenden System hin zu einem modernen Recht, das auch Integration und Einbürgerung fördert. Die Reform von 2024 markiert einen weiteren wichtigen Schritt in dieser Entwicklung.

Das Staatsangehörigkeitsrecht spiegelt den gesellschaftlichen Wandel Deutschlands wider
Die Erleichterung der Einbürgerung und die Ermöglichung der Mehrstaatigkeit tragen der Realität eines Einwanderungslandes Rechnung und können zur besseren Integration beitragen. Gleichzeitig bleibt die Einbürgerung an klare Voraussetzungen geknüpft, die sicherstellen sollen, dass Eingebürgerte sich mit den Werten des Grundgesetzes identifizieren.
Für viele Menschen, die seit Jahren in Deutschland leben, eröffnet die Reform neue Möglichkeiten zur vollen rechtlichen und politischen Teilhabe. Die praktische Umsetzung wird zeigen, inwieweit die Ziele der Reform – mehr Einbürgerungen und eine bessere Integration – erreicht werden können.
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Unsere Experten stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite – von der ersten Information bis zur erfolgreichen Einbürgerung.