Das Tierrecht ist ein facettenreiches Rechtsgebiet, das die rechtlichen Beziehungen zwischen Menschen und Tieren regelt. Es umfasst verschiedene Aspekte wie Tierschutz, Tierhaltung, Tiernutzung und die rechtliche Stellung von Tieren in unserer Gesellschaft. In diesem Artikel bieten wir Ihnen einen umfassenden Überblick über dieses komplexe Thema mit visuellen Erklärungen, die Ihnen helfen, die wichtigsten Konzepte besser zu verstehen.
Definition von Tierrecht
Das Tierrecht umfasst sämtliche Rechtsvorschriften, die sich mit Tieren befassen. Es handelt sich nicht um ein einzelnes Rechtsgebiet, sondern um eine Querschnittsmaterie, die Aspekte des Zivilrechts, Verwaltungsrechts und Strafrechts berührt. Im Gegensatz zum allgemeinen Verständnis geht es beim Tierrecht nicht primär um die Rechte der Tiere selbst, sondern um die rechtliche Regelung des menschlichen Umgangs mit Tieren.
Gemäß § 90a BGB sind Tiere keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Dennoch werden auf sie die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend angewendet, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Diese ambivalente Formulierung verdeutlicht die Sonderstellung von Tieren im deutschen Rechtssystem.
„Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.“ (§ 90a BGB)
Das Tierrecht lässt sich in drei Hauptbereiche unterteilen:
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Historische Entwicklung des Tierrechts

Die Geschichte des Tierrechts in Deutschland reicht weit zurück und spiegelt den gesellschaftlichen Wandel im Umgang mit Tieren wider. Bereits 1871 wurde im Reichsstrafgesetzbuch das „boshafte Quälen oder Misshandeln von Tieren“ unter Strafe gestellt. Allerdings stand damals nicht das Tierwohl im Vordergrund, sondern der Schutz der öffentlichen Ordnung und das Wohlbefinden der Menschen, die Zeuge von Tierquälerei wurden.
1871
Erste Erwähnung im Reichsstrafgesetzbuch: Verbot des „boshaften Quälens oder Misshandelns“ von Tieren, wenn es „öffentlich oder in Ärgernis erregender Weise“ geschah.
1972
Verabschiedung des ersten deutschen Tierschutzgesetzes, das den Schutz des Tieres um seiner selbst willen in den Mittelpunkt stellte.
2002
Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz: Artikel 20a GG wurde um die Worte „und die Tiere“ ergänzt, wodurch der Tierschutz Verfassungsrang erhielt.
Die Entwicklung des Tierrechts zeigt eine zunehmende Sensibilisierung für das Wohlergehen von Tieren. Während früher der Fokus auf dem Schutz menschlicher Interessen lag, hat sich das Verständnis dahingehend gewandelt, dass Tiere als empfindungsfähige Wesen anerkannt werden, die um ihrer selbst willen geschützt werden sollten.
Die Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz im Jahr 2002 war ein Meilenstein, der dem Tierschutz Verfassungsrang verlieh und damit seine Bedeutung im Rechtssystem erheblich stärkte.
Aktuelle Gesetze im Tierrecht

Nationale Gesetzgebung
Das Tierschutzgesetz (TierSchG) bildet die zentrale Grundlage des deutschen Tierrechts. Es verfolgt den Zweck, „aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen“ (§ 1 TierSchG). Das Gesetz verbietet, einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen.
Ergänzt wird das Tierschutzgesetz durch verschiedene Verordnungen, die spezifische Bereiche regeln:
Verordnung | Regelungsbereich | Wichtige Bestimmungen |
Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung | Haltung von Nutztieren | Mindestanforderungen an Platz, Beleuchtung, Fütterung |
Tierschutz-Hundeverordnung | Hundehaltung | Anforderungen an Zwingerhaltung, Auslauf, Betreuung |
Tierschutz-Versuchstierverordnung | Tierversuche | Genehmigungsverfahren, Dokumentationspflichten |
Europäische Gesetzgebung
Auf europäischer Ebene gibt es zahlreiche Verordnungen und Richtlinien, die das Tierrecht beeinflussen. Diese betreffen unter anderem den Transport von Tieren, Tierschutz bei der Schlachtung und Mindeststandards für die Haltung verschiedener Tierarten.
Die EU-Verordnung 1/2005 regelt den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen. Sie legt Mindestanforderungen an Transportmittel, Transportdauer und Versorgung der Tiere fest.
Internationale Abkommen
Auch auf internationaler Ebene existieren Abkommen zum Schutz von Tieren, wie das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES), das den Handel mit gefährdeten Arten regelt.
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Ethische Debatten im Tierrecht

Die ethischen Debatten im Tierrecht drehen sich um grundlegende Fragen nach dem moralischen Status von Tieren und den daraus resultierenden Pflichten des Menschen. Diese Diskussionen beeinflussen maßgeblich die Entwicklung des Tierrechts und spiegeln sich in der Gesetzgebung wider.
Zentrale ethische Positionen
Tierrechtsposition
- Tiere haben inhärenten Wert unabhängig vom Nutzen für Menschen
- Tiere sollten als Rechtssubjekte anerkannt werden
- Nutzung von Tieren ist grundsätzlich problematisch
- Vertreter: Tom Regan, Gary Francione
Tierschutzposition
- Tiere dürfen genutzt werden, aber nicht unnötig leiden
- Fokus auf Wohlbefinden statt auf Rechte
- Abwägung zwischen menschlichen und tierlichen Interessen
- Vertreter: Peter Singer, Bernard Rollin
Die Debatte um den rechtlichen Status von Tieren ist besonders kontrovers. Während Tiere in den meisten Rechtssystemen als Eigentum oder Sachen mit Sonderstatus gelten, fordern Tierrechtsaktivisten ihre Anerkennung als Rechtssubjekte mit eigenen einklagbaren Rechten.
„Die Frage ist nicht, können sie denken? oder können sie sprechen?, sondern können sie leiden?“
Aktuelle Kontroversen
Zu den aktuell diskutierten Themen im Bereich des Tierrechts gehören:
Diese ethischen Debatten beeinflussen nicht nur die Gesetzgebung, sondern auch die Rechtsprechung. Gerichte müssen bei der Auslegung von Tierschutzbestimmungen oft ethische Abwägungen vornehmen und zwischen verschiedenen Interessen vermitteln.
Praktische Anwendungsfälle des Tierrechts

Haustiere
Im Bereich der Haustiere regelt das Tierrecht verschiedene Aspekte wie Haltungsbedingungen, Tierhalterhaftung und den Umgang mit Streitigkeiten über Tiere.
Fallbeispiel: „Umgangsrecht“ für Hunde nach Trennung
Nach einer Trennung kann es zu Streitigkeiten über den gemeinsamen Hund kommen. In solchen Fällen kann ein „Umgangsrecht“ für beide Partner mit dem Hund vereinbart werden. Dies wird nicht im klassischen Familienrecht geregelt, sondern basiert auf sachenrechtlichen Grundlagen, da Tiere rechtlich als „Sachen mit Sonderstatus“ gelten.
Das Amtsgericht München entschied in einem Fall, dass bei gemeinsamer Anschaffung eines Hundes beide Ex-Partner ein Anrecht auf Umgang mit dem Tier haben können (Az: 191 C 7608/13).
Nutztiere
Bei Nutztieren stehen Fragen der artgerechten Haltung, des Transports und der Schlachtung im Vordergrund. Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung legt Mindestanforderungen für die Haltung verschiedener Nutztierarten fest.
Fallbeispiel: Beschlagnahme eines Tierbestands
Veterinärämter können bei Verstößen gegen das Tierschutzgesetz den gesamten Tierbestand eines Halters beschlagnahmen. In einem Fall beschlagnahmte das Veterinäramt Biberach den gesamten Hundebestand einer Züchterin aufgrund tierschutzwidriger Haltungsbedingungen.
Die rechtliche Grundlage hierfür bildet § 16a TierSchG, der den Behörden weitreichende Befugnisse einräumt, um Tiere vor Schäden zu bewahren.
Wildtiere
Der rechtliche Umgang mit Wildtieren wird durch das Jagdrecht, das Artenschutzrecht und spezielle Regelungen für die Haltung gefährlicher Tiere bestimmt.
Fallbeispiel: Haltung exotischer Tiere
Die Haltung exotischer Wildtiere unterliegt in Deutschland strengen Regelungen. Je nach Bundesland kann für die Haltung bestimmter Arten eine Genehmigung erforderlich sein.
Das Verwaltungsgericht Gießen entschied in einem Fall, dass die Haltung von Giftschlangen untersagt werden kann, wenn der Halter nicht nachweisen kann, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausgeschlossen ist (Az: 4 L 3788/18.GI).
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Zukunftsperspektiven im Tierrecht

Das Tierrecht befindet sich in ständiger Entwicklung. Aktuelle Trends deuten auf eine weitere Stärkung des Tierschutzes und eine Ausweitung der rechtlichen Berücksichtigung tierlicher Interessen hin.
Aktuelle Entwicklungstendenzen
Konstitutionalisierung
Zunehmende Verankerung des Tierschutzes in Verfassungen und Grundgesetzen verschiedener Länder, wodurch der Tierschutz aufgewertet und anderen Verfassungsgütern gleichgestellt wird.
„Ent-Sachlichung“
Fortschreitende rechtliche Differenzierung zwischen Tieren und Sachen, die die traditionelle römischrechtliche Gleichsetzung aufhebt und den Sonderstatus von Tieren stärkt.
Globalisierung
Entwicklung eines „Globalen Tierrechts“ als Antwort auf die grenzüberschreitende Natur vieler tierbezogener Probleme wie Tiertransporte, Handel mit Tierprodukten und Artenschutz.
Herausforderungen und Chancen
Die Zukunft des Tierrechts steht vor verschiedenen Herausforderungen, bietet aber auch Chancen für eine Weiterentwicklung:
Die Entwicklung des Tierrechts muss kulturelle Unterschiede berücksichtigen und darf nicht in einen Rechtsimperialismus münden. Ein überlappender Konsens und universalisierbare Argumente sind anzustreben.
Häufig gestellte Fragen zum Tierrecht

Sind Tiere juristische Personen?
Nein, nach geltendem Recht in Deutschland sind Tiere keine juristischen Personen. Gemäß § 90a BGB sind sie zwar keine Sachen, werden aber rechtlich weitgehend wie Sachen behandelt. Sie können daher keine eigenen Rechte geltend machen oder Vertragspartei sein. In einigen Ländern wie Neuseeland wurden bestimmten Tieren (z.B. Menschenaffen) oder natürlichen Entitäten (z.B. Flüssen) bereits Rechtspersönlichkeit zuerkannt, was als mögliche Entwicklungsrichtung auch für andere Rechtssysteme diskutiert wird.
Welche Rechte haben Tiere in Deutschland?
Tiere haben in Deutschland keinen Rechte im eigentlichen Sinne, da sie keine Rechtssubjekte sind. Das Tierschutzgesetz gewährt ihnen jedoch einen gewissen Schutz, indem es verbietet, Tieren ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. Dieser Schutz ist allerdings durch zahlreiche Ausnahmen eingeschränkt, die als „vernünftiger Grund“ anerkannt werden, wie etwa die Nutzung von Tieren für Nahrung, Forschung oder andere menschliche Zwecke.
Wer kann Tierrechte einklagen?
Da Tiere keine eigenen Rechte haben, können sie diese auch nicht selbst einklagen. Verstöße gegen das Tierschutzgesetz werden in Deutschland hauptsächlich von Behörden verfolgt. In einigen Bundesländern gibt es inzwischen ein Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen, die bestimmte behördliche Entscheidungen gerichtlich überprüfen lassen können. Privatpersonen können Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bei den zuständigen Behörden anzeigen.
Dürfen Veganer Tiere verklagen?
Die vegane Lebenseinstellung einer Person verleiht ihr keine besonderen rechtlichen Befugnisse im Hinblick auf Tiere. Veganer können, wie alle anderen Bürger auch, Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bei den zuständigen Behörden anzeigen. Eine direkte „Klage im Namen von Tieren“ ist im deutschen Rechtssystem nicht vorgesehen, da Tiere keine Rechtssubjekte sind. In einigen Fällen können Tierschutzorganisationen, denen auch Veganer angehören können, von ihrem Verbandsklagerecht Gebrauch machen, sofern dies in dem betreffenden Bundesland existiert.
Noch Fragen zum Tierrecht?
Unsere Experten stehen Ihnen für alle Fragen rund um das Tierrecht zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns für eine persönliche Beratung.
Fazit: Die Bedeutung des Tierrechts in der modernen Gesellschaft
Das Tierrecht spielt eine zunehmend wichtige Rolle in unserer Gesellschaft. Es spiegelt den Wandel im Mensch-Tier-Verhältnis wider und reagiert auf die wachsende Sensibilisierung für Tierschutzfragen. Die Entwicklung geht in Richtung einer stärkeren rechtlichen Berücksichtigung tierlicher Interessen, auch wenn Tiere nach wie vor nicht als Rechtssubjekte anerkannt sind.
Die Herausforderungen des Tierrechts liegen in der Abwägung zwischen menschlichen und tierlichen Interessen sowie in der Bewältigung globaler Probleme wie dem internationalen Handel mit Tieren und Tierprodukten. Zugleich bietet die Weiterentwicklung des Tierrechts die Chance, einen ethisch reflektierten und verantwortungsvollen Umgang mit Tieren rechtlich zu verankern.
Für alle, die mit tierbezogenen Rechtsfragen konfrontiert sind, ist eine fundierte Kenntnis des Tierrechts unerlässlich. Ob als Tierhalter, Tierschützer oder in beruflichen Kontexten – das Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen trägt zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Tieren bei und hilft, rechtliche Konflikte zu vermeiden oder angemessen zu lösen.